Die Sooler und der Mond im Dorfbrunnen
Der Vollmond stand rund und schön am Himmel, als sich einst ein wackerer Sooler nach einem längeren Wirtshausbesuch zu später Nachtstunde auf den Heimweg begab. Beim Überqueren des Dorfplatzes entdeckte er im Dorfbrunnen das Spiegelbild des Mondes und glaubte, im Brunnenwasser lötiges Gold zu erkennen. Aufgeregt eilte er ins Wrtshaus zurück und erzählte seinen Kumpanen vom unerwarteten Goldsegen. Bald lief das ganze Dorf am Brunnen zusammen und männiglich versuchte, von Hand oder mit den mitgebrachten Kellen, Schaufeln, Heu- und Mistgabeln vom begehrten Metall aus dem Trog zu schöpfen, natürlich erfolglos. Selbst der eiligst zusammengetretene Gemeinderat wusste nicht weiter und beschloss kurzerhand, den Brunnen vorläufig mit schweren Brettern zuzudecken, damit ja kein Gold abhanden käme. Am anderen Tag wollte man weiter beraten, wie man das edle Metalll aus dem Wasser herausholen könnte. Der Nachtwächter durfte den Dorfbrunnen nicht aus den Augen lassen.
Als am nächsten Morgen der Gemeindeschreiber unter den Blicken der gestrengen Herren des Gemeinderates die Bretter vom Brunnen entfernte, waren die Enttäuschung und die Wut gross: das Gold war verschwunden. Zuerst glaubte man, ein ganz schlauer Sooler habe das Gold an sich genommen oder ein zufällig vorbeikommender Fremder habe sich daran bedient. Bald begann man, Vermutungen gegen diesen und jenen in Umlauf zu setzen. Als man aber feststellte, dass kein Sooler über Nacht reicher geworden war und der Nachtwächter hoch und heilig schwor, keine Menschenseele habe sich in der fraglichen Zeit dem Brunnen genähert, begann man sich mit dem unerklärlichen Verlust abzufinden und ging wieder zur üblichen Tagesordnung über.
nach mündlicher Überlieferung
Fridolin Baumgartner